Loge de Guyon-Syndrom

Das Loge de Guyon-Syndrom ist eine Schädigung des Nervus ulnaris an der Kleinfingerseite (ulnar) des Handgelenks. Sie geht mit Empfindungsstörungen und der Lähmung von Hand- und Fingermuskeln einher.

Die Loge de Guyon ist eine physiologische Engstelle an der Handwurzel zwischen dem Erbsenbein (Os pisiforme) und dem Hakenfortsatz des Hakenbeins (Hamulus ossis hamati), durch die die Äste des Nervus ulnaris und die Arteria ulnaris hindurchtreten. Dabei spaltet sich der Nervus ulnaris im Bereich der Loge in einen oberflächlichen Ast (Ramus superficialis) und einen tiefen Ast (Ramus profundus), der unter einer oftmals relativ engen Muskelarkade in die Tiefe zieht.

Benannt wurde die Engpass-Stelle nach dem Pariser Chirurgen und Urologen Jean Casimir Félix Guyon.


Ursachen

Eine häufige Ursache dieser Nervenschädigung ist ein Überbein im Bereich der Guyon-Loge, gefolgt von berufs- oder sportbedingten langandauernden oder wiederholten Kompressionen, wie nach langem Radfahren oder bei wiederholtem Hämmern mit dem Kleinfingerballen (Hypothenar). Seltener kann auch ein Bruch des Hakenfortsatzes oder anderer benachbarter Knochen ursächlich sein, daneben existieren weitere extrem seltene Ursachen wie Gefäßaussackungen (arterielle Aneurysmen), Thrombosen, Tumoren, anlagebedingte Varianten u. a.


Diagnose

Für den Nachweis eines Loge de Guyon-Syndroms muss die isolierte Schädigung des Endastes des Nervus ulnaris (Ramus profundus nervi ulnaris), der bogenförmig in der Hohlhand Richtung Daumenballen verläuft, nachgewiesen werden. Zur Sicherung der Diagnose muss die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit durch einen Neurologen erfolgen.

Dazu wird zwischen einem Reizpunkt des Nervus ulnaris unmittelbar oberhalb des Handgelenks und der elektrisch gemessenen Muskelkontraktion in einem vom oberflächlichen Ast versorgten Muskel (Kleinfingerballenmuskel) im Vergleich zu einem vom  tiefen Ast versorgten Muskel (erster Zwischenknochenmuskel) gemessen. Wenn letztere Zeit absolut und/oder im Seitenvergleich verlängert ist, ist die Schädigung belegt.

Bild: Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris
Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris

 Konservative und operative Therapiemöglichkeiten

Liegt die Ursache in einer Druckbelastung von außen, wie bei Radfahrern, genügt in der Regel die Beseitigung des schädigenden Reizes. Der Nerv erholt sich dann meist spontan (was einige Wochen dauern kann), da seine Kontinuität nicht unterbrochen ist.

Eine chirurgische Dekompression ist nur selten bei einer äußeren Ursache notwendig, jedoch fast immer erforderlich, wenn die Kompression durch ein Überbein oder eine andere anatomische Einengung (innere Ursache) bedingt ist. Von einer lokalen Kortison Einspritzung raten wir aufgrund der möglichen Komplikationen dringend ab.


Wir favorisieren das offene Operationsverfahren. Die Operation erfolgt unter Lupenbrillenvergrößerung. Dabei erfolgt die Freilegung des Nervus ulnaris über einen ca. 4-5 cm langen geschwungenen Hautschnitt am kleinfingerseitigen Handgelenk.

Dann wird der Nervus ulnaris bis zu seiner Aufgabelung zum oberflächlichen und tiefen Nervenast verfolgt. Das Dach (Bandstruktur) der Guyon'schen Loge wird nun gespalten und der Nervus ulnaris von einengenden Strukturen (Sehnenscheiden, Überbein, etc.) befreit. Die Fäden werden nach ca. zwei Wochen entfernt. Krankengymnastische Übungsbehandlung wird nur selten notwendig.

Bild: Operative Spaltung de r Loge de Guyon
Operative Spaltung de r Loge de Guyon